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4. September 2025
von Marina Guldimann, Carl Mühlbach, Carolina Ortega Guttack, Fritz Putzhammer
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Vier Prinzipien für eine zukunftsfähige Reform der Schuldenbremse - eine Publikation von Fiscal Future mit der Bertelsmannstiftung

Gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung haben wir eine Kurzstudie geschrieben, welche vier Prinzipien für eine zukunftsfähige und generationengerechte Schuldenbremse vorschlägt.

Hier geht es zum Download der Studie als PDF.

Mit der Verabschiedung des Finanzpakets nach der Bundestagswahl 2025 ist Bewegung in die Diskussion um die Schuldenbremse gekommen. Die neuen Regelungen – darunter Ausnahmen für Verteidigungsausgaben, ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität sowie eine Lockerung der Schuldenregel für die Länder – markieren einen Kurswechsel in der Finanzpolitik. Zugleich zeigen sie, dass die bisherigen Instrumente allein nicht ausreichen, um die langfristigen Herausforderungen zu bewältigen. 

Klar ist: Das Finanzpaket kann nur der Anfang gewesen sein. Langfristig braucht es eine kluge Schuldenregel, um das Land zu modernisieren und die Zukunft junger Menschen finanziell abzusichern. In diesem Kontext soll eine von der Bundesregierung eingesetzte Expert:innenkommission bis Ende des Jahres einen ersten öffentlichen Entwurf für eine grundlegende Reform der Schuldenregel erarbeiten. 

Das Focus Paper von FiscalFuture und Bertelsmann Stiftung analysiert und bündelt vorhandene Vorschläge und Reformoptionen aus Wissenschaft und Forschung und skizziert auf Basis dessen vier zentrale Prinzipien, welche aus Sicht der Autoren kritisch für eine zukunftsfähige und generationengerechte Schuldenregelung in Deutschland sind.

Prinzip 1: Mehr Transparenz schaffen

Das gegenwärtige Geflecht aus nationalen, europäischen und länderspezifischen Fiskalregeln ist unübersichtlich und erschwert eine klare politische Steuerung. Unterschiedliche Ausnahmeregelungen, Sondervermögen und Überschneidungen führen dazu, dass Finanzpolitik durch Technokratisierung und Bürokratie ausgebremst wird und demokratische Kontrolle leidet. Eine zukunftsfähige Reform sollte deshalb auf eine Vereinfachung und Harmonisierung der Regelwerke zielen. Vor allem eine stärkere Angleichung an die EU-Fiskalregeln könnte zu mehr Klarheit und Nachvollziehbarkeit führen – und damit auch das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates stärken.

Prinzip 2: Nachhaltigkeit neu definieren

Bislang gilt die Schuldenbremse als eingehalten, wenn das strukturelle Defizit des Bundes 0,35 Prozent des BIP nicht überschreitet. Diese Grenze ist jedoch historisch-politisch gewachsen und ökonomisch kaum begründbar. Nachhaltige Staatsfinanzen ergeben sich nicht allein aus starren Kennziffern, sondern aus dem Zusammenspiel von Faktoren wie dem Wirtschaftswachstum, der Zinsentwicklung, dem Schuldenstand, der Inflation oder der Arbeitslosenquote. Reformvorschläge reichen von der Abschaffung fixer Grenzwerte über flexible Obergrenzen bis hin zu neuen Ausgabenregeln, die sich am Potenzialwachstum orientieren. Ziel ist es, eine realistischere und ökonomisch fundierte Definition von Nachhaltigkeit zu schaffen, die den Bedürfnissen kommender Generationen besser entspricht.

Prinzip 3: Investitionen ermöglichen

Einer der zentralen Kritikpunkte an der bisherigen Schuldenbremse ist ihre Blindheit gegenüber der Zukunftswirkung von Ausgaben. Investitionen in Infrastruktur, Bildung oder Klimaschutz werden gleichbehandelt mit konsumtiven Ausgaben, obwohl sie langfristig Wachstum, Wohlstand und Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sichern. Ohne ausreichende Investitionen entstehen jedoch hohe Folgekosten – etwa durch Sanierungsstau, Wettbewerbsverluste oder die Verschärfung der Klimakrise. Das Focus Paper diskutiert Reformoptionen wie eine „Goldene Regel Plus“, die Kreditaufnahme für Nettoinvestitionen erlaubt, oder die Festlegung von Mindestquoten für zukunftsorientierte Ausgaben. Um Missbrauch vorzubeugen, schlagen verschiedene Konzepte zudem eine unabhängige Kontrolle der Investitionsdefinition vor.

Prinzip 4: Handlungsfähigkeit in Krisen sichern

Spätestens seit der Corona-Pandemie ist deutlich geworden, dass Krisenbewältigung oft mehrjährige Finanzierungsbedarfe erzeugt. Die aktuelle Ausgestaltung der Notlagenregel in Artikel 115 GG erlaubt jedoch nur eine punktuelle Aussetzung der Schuldenbremse und setzt auf jährliche Beschlüsse. Das erschwert planbare Reaktionen auf längerfristige Herausforderungen. Reformansätze sehen deshalb vor, Übergangsphasen einzuführen, in denen Defizite schrittweise abgebaut werden, oder die Hürden zur Ausrufung einer Notlage institutionell abzusenken. Damit ließe sich gewährleisten, dass der Staat auch in unsicheren Zeiten handlungsfähig bleibt, ohne seine fiskalische Stabilität dauerhaft zu gefährden.


Fazit: Orientierung für die aktuelle Reformdebatte

Mit der Einsetzung einer Expert:innenkommission hat die Bundesregierung den Weg für eine mögliche Reform der Schuldenbremse geebnet. Welche Richtung eingeschlagen wird, ist jedoch offen. Die im Focus Paper entwickelten vier Prinzipien – Transparenz, Nachhaltigkeit, Investitionsfähigkeit und Krisenfestigkeit – bieten hierfür eine Orientierung. Sie zeigen, wie eine moderne Schuldenregel gestaltet sein muss, damit sie die Zukunftsfähigkeit des Landes stärkt und die Interessen kommender Generationen wahrt.

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